Historia Legionis XVII

Die Geschichte der Legio XVII begann um das Jahr 41/40 v. Chr. im römischen Bürgerkrieg mit ihrer Aushebung durch Gaius Julius Octavianus. Nach dem Sieg gegen Marcus Antonius und Cleopatra bei Actium im Jahr 31 v.Chr., der Octavians Alleinherrschaft und damit praktisch das Ende der Republik besiegelte, wurde sie vermutlich nach Aquitania verlegt.
Im Jahr 15 v. Chr. erfolgte dann die Vorverlegung an die obere Rheingrenze und schließlich an den Niederrhein, wo sie wahrscheinlich im Legionslager Vetera stationiert war. Mit dem Beginn der Germanienfeldzüge des Nero Claudius Drusus wurde sie auf rechtsrheinischem Gebiet im Legionslager Oberaden oder Haltern stationiert. Von dort aus nahm sie an den Vorstößen tief in die Germania magna teil, die mehrfach bis an die Elbe reichten. Von Drusus begonnen, wurden diese nach dessen unglücklichem Tod von seinem Bruder Tiberius Claudius Nero im Jahr 5 n. Chr. schließlich zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht. Germanien galt von da an als befriedet.
Gemeinsam mit ihren Schwesterlegionen, der Legio XVIII und Legio XIX, sowie 9 weiteren Legionen mitsamt Hilfstruppen war die Legio XVII im Jahr darauf an einem weiteren Feldzug unter Tiberius beteiligt, der sich diesmal gegen die Markomannen richtete. Dabei handelte es sich um ein gut organisiertes germanisches Königreich in der Gegend des heutigen Böhmens, das von Marbod regiert wurde und mit seinem stehenden, schwer gerüsteten Heer eine ernsthafte Gefahr für die gerade im Aufbau befindliche Provinz Germania darstellte.
Der Vorstoß erfolgte aus zwei Richtungen, von Westen und von Süden her. Als sich beide Heereszüge auf markomannischem Gebiet trafen, erreichte die Botschaft von einem massiven Volksaufstand in den Provinzen Pannonia und Dalmatia das riesige Lager. Da die Gefahr bestand, dass der Aufstand auch auf andere Provinzen und schließlich auf Italien übergreifen könnte, war Tiberius gezwungen, mit Marbod einen Friedensvertrag auszuhandeln und seine Truppen nach Süden abzuziehen, um der neuen Gefahr für Rom zu begegnen. Die drei Schwesterlegionen XVII, XVIII und XIX kehrten in ihr rechtsrheinisches Lager zurück, um die neu enstehende Provinz Germania nicht schutzlos zu lassen.
Die Niederschlagung des Pannonischen Aufstandes zog sich drei blutige Jahre hin und konnte schließlich erfolgreich beendet werden. Während dieser Zeit war Publius Quinctilius Varus zum Legatus Augusti pro praetore (Statthalter) der Provinz Germania ernannt worden. Zuvor hatte er die Provinzen Africa und Syrien geführt und war, entgegen vieler Quellen, dabei sehr erfolgreich gewesen. Seine Aufgabe in Germania war es, die römische Infrastruktur und Verwaltung aufzubauen und das Römische Rechtswesen durchzusetzen. Zu diesem Zweck zog er regelmäßig mit Beginn des Frühjahrs mit seinen Legionen durch das Land, ließ Standlager, Signal-/Wachtürme, Straßen und Siedlungen bauen, trieb von den Germanen Steuern ein und saß zu Gericht.

Als er [Varus] Oberbefehlshaber des Heeres in Germanien wurde, bildete er sich ein, die Menschen dort hätten außer der Stimme und den Gliedern nichts Menschenähnliches an sich, und die man nicht durch das Schwert hatte zähmen können, die könne man durch das römische Recht lammfromm machen. Mit diesem Vorsatz begab er sich ins Innere Germaniens, und als habe er es mit Männern zu tun, die die Annehmlichkeiten des Friedens genossen, brachte er die Zeit des Sommerfeldzuges damit zu, von seinem Richterstuhl aus Recht zu sprechen und Prozessformalitäten abzuhandeln. (Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 117, 3/4)

Verständlicherweise stieß all das bei vielen Germanen, die eine völlig andere Lebensweise gewohnt waren, auf Unmut und sogar Hass. Ob sich Varus dieses Umstandes bewusst war, bleibt Spekulation. Auf jeden Fall wurde ihm Arminius als Vermittler und Berater zur Seite gestellt oder vielleicht sogar von ihm angefordert. Dieser war Präfekt einer Auxiliar-Reitereinheit und gerade vom Pannonienaufstand zurückgekehrt. Er gehörte zum germanischen Stamm der Cherusker, die Verbündete Roms waren. Im Kindesalter war er als Faustpfand für die Vertragstreue der Cherusker zusammen mit seinem Bruder Flavus nach Rom gebracht worden, wo er am Hofe des Princeps Augustus (Octavianus) im römischen Sinne erzogen worden war.

Es gab damals einen jungen Mann aus vornehmem Geschlecht, der tüchtig im Kampf und rasch in seinem Denken war, ein beweglicher Geist, als es die Barbaren gewöhnlich sind. Er hieß Arminius und war der Sohn des Sigimer, eines Fürsten jenes Volkes. In seiner Miene und seinen Augen spiegelte sich ein feuriger Geist. Im letzten Feldzug hatte er beständig auf unserer Seite gekämpft und hatte mit dem römischen Bürgerrecht auch den Rang eines römischen Ritters erlangt. (Velleius Paterculus, Römische Geschichte, 118, 2)

Arminius wusste die Unzufriedenheit seiner Landsleute für seine eigenen Zwecke zu nutzen. Als Praefectus auxiliaris stand er am Ende seines Cursus honorum (Ämterlaufbahn). Auf einen weiteren Aufstieg in höhere, insbesondere politische Ämter konnte er im Imperium Romanum kaum hoffen. Gleichzeitig war er aber noch jung und ehrgeizig. So wuchs in ihm vermutlich der kühne Plan, als germanischer König nach dem Vorbild Marbods seine Landsleute zu einen und Rom aus Germania zu vertreiben. Doch damit die Germanen, die sich naturgemäß bestenfalls ihrem eigenen Stammesführer unterwarfen, ihn als Herrscher akzeptierten, musste er ihnen einen grandiosen Sieg schenken.
Durch seine Erfahrungen im Pannonienkrieg wusste er, dass eine römische Streitmacht in einer offenen Feldschacht selbst mit einer Übermacht praktisch nicht zu besiegen war. Daher schlug er den germanischen Stammesführern, die er zusammengerufen hatte, vor, die römischen Legionen in bewaldetes hügeliges Gelände zu locken, wo sie ihre überlegenen Taktiken nicht entfalten konnten, und dort auf dem Marsch nadelstichartig anzugreifen. Sicherlich gab es viel Widerstand unter den germanischen Führern, zum Einen, weil ihnen eine derartige Kampfweise zuwider, zum anderen weil Arminius trotz seiner Herkunft in ihren Augen ein römischer Zögling war. Nicht wenige Germanen waren zudem durchaus zufrieden mit den Annehmlichkeiten und dem Luxus, den die Römer ihnen brachten. Besonders Segestes, ein Cheruskerfürst hielt nichts von dem Plan, was vielleicht auch daran lag, dass Arminius seine Tochter Thusnelda entführt und geehelicht hatte, obwohl sie einem anderen versprochen war. Trotz aller Widerstände konnte Arminius die germanischen Stammesfürsten schließlich überzeugen.
Der Plan wurde wahrscheinlich im September des Jahre 9 n. Chr. in die Tat umgesetzt. Varus hatte mit seinen drei Legionen, der XVII., XVIII, XIX. gerade das Sommerlager irgendwo zwischen Weser und Elbe verlassen um in Richtung Rhein zu ziehen, als ihm Arminius von einem germanischen Aufstand berichtete, der irgendwo im Nordwesten ausgebrochen sei. Da es nur ein kleiner Umweg schien und Varus keinesfalls eine Revolte über die Wintermonate hinweg gären lassen wollte, entschloss er sich nach Nordwesten abzuschwenken und in unwegsames Gebiet zu ziehen. Da die drei Legionen auch von vielen Zivilisten (Verwaltungsbeamte und deren Familien, Händler) begleitet wurden und einen dementsprechend großen Tross hatten, zog sich der komplette Heereszug über 15 bis 20 km durch die Landschaft. Die Wege durch die Hügel und Wälder waren teils so schmal das nur zwei Legionäre nebeneinander marschieren konnten. Oft versperrten auch umgestürzte Bäume oder kleinere Bachläufe den Weg und mussten von den Soldaten beseitigt bzw. überbrückt werden.
Arminius schlug Varus vor, mit seiner Reiterei, die den Legionen eigentlich Flankenschutz geben sollte, vorzureiten und weitere verbündete Germanen heranzuholen. Obwohl Varus vor dem Abmarsch aus dem Sommerlager vom Cheruskerfürsten Segestes und einigen seiner eigenen Offiziere vor Arminius gewarnt worden war, hatte er keinen Grund, diesem zu misstrauen. Er kannte den jungen Germanen gut aus dem Palast von Augustus und war überzeugt, dass dieser auch vom Herzen her ein echter Römer war. Daher stimmte er zu, nichtsahnend, dass bei ihrer nächsten Begegnung Arminius auf der Seite der Feinde stehen würde.
Kurz darauf kam es zu ersten Angriffen aus dem Hinterhalt, die, noch ehe die Legionäre planvoll reagieren konnten, schon wieder vorbei waren. Varus hielt das zunächst für die ersten Auswirkungen des Aufstandes, von dem ihm Arminius berichtet hatte. Die Verluste hielten sich in Grenzen.
Als die Truppen am Abend des ersten Tages wieder offenes Gelände erreichten, wurde ein Marschlager für drei Legionen inklusive Tross errichtet.

Das erste Lager des Varus wies an seinem weiten Umfang und der Absteckung des Hauptplatzes auf die Arbeit von drei Legionen hin. (Tacitus, Annalen I, 61)

Varus beriet sich mit seinen Offizieren, die ihn vermutlich drängten, sich entweder zu verschanzen oder zurück zu marschieren. Ob der Statthalter zu dem Zeitpunkt bereits ahnte, dass Arminius ein falsches Spiel spielte, ist unbekannt. Auf jeden Fall ließ er den Marsch am nächsten Morgen in die gleiche Richtung fortsetzen. Wieder zogen die Legionen durch bewaldetes Gebiet und wieder erfolgten Angriffe von den Germanen, jedoch wesentlich massiver als zuvor. Die Verluste stiegen stark an und zeitweise brach die militärische Ordnung in einigen Bereichen der Marschkolonne zusammen. Als schließlich die Auxiliarreiterei von Arminius auftauchte, dachten wohl viele Legionäre, dass sie gerettet wären. Wie groß muss das Entsetzen gewesen sein, als sie plötzlich von den vermeintlich Verbündeten attackiert wurden. Spätestens jetzt dürfte sich die Nachricht vom Verrat des Arminius wie ein Lauffeuer verbreitet und die bereits stark angeschlagene Moral weiter gesenkt haben.
Den römischen Truppen gelang am späten Abend in aller Hast ein weiteres Marschlager zu errichten, das allerdings bereits die hohen Verluste und erste Auflösungserscheinungen widerspiegelte.

[Im zweiten Lager] erkannte man an dem halb eingestürzten Wall und dem niedrigen Graben, dass die schon zusammengeschmolzenen Reste sich dort gelagert hatten. (Tacitus, Annalen I, 61)

Hier entschloss man sich, die Zivilisten zurück zu lassen und den kompletten Tross zu verbrennen, um schneller voranzukommen und beweglicher zu sein.
Arminius dürfte vermutlich einiges an Überredungskünsten gebraucht haben, um zu verhindern, dass die germanischen Krieger, im Angesicht der in Flammen stehenden Kriegsbeute, versuchten, das römische Lager zu stürmen.
Noch vor Anbruch des Tages setzte sich der Präfekt der Legionsreiterei Numerus Vala mit seinen Männern ab und versuchte sich zum Rhein durchzuschlagen. Ob er Hilfe holen oder nur die eigene Haut retten wollte, bleibt unklar. Weit kamen sie jedoch nicht. Sie wurden von den Germanen abgefangen und niedergemacht.
Als die bereits arg geschrumpften Legionen bei Sonnenaufgang erneut in unwegsameres, bewaldetes Gebiet vorstießen, setzten die heftigen Angriffe der Germanen wieder ein. Nach neuesten Erkenntnissen verschanzten sich die Reste des einstmals großen Heereszuges möglicherweise in einem letzten Lager am Fuße des Kalkrieser Berges. Hier könnte dann auch der Selbstmord des bereits verwundeten Varus und seiner hohen Offizieren erfolgt sein. Die völlig demoralisierten Legionäre versuchten diese noch zu bestatten und wehrten sich gegen die nun übermächtigen Germanen so gut sie konnten, gaben aber letztlich auf. Vermutlich gelang es einigen noch, sich weiter nach Westen durchzuschlagen, aber eine militärische Ordnung war nicht mehr vorhanden. Die Germanen verfuhren grausam mit den Gefangenen. Die Centuriones des ersten Ranges (Primi pili und Pili priori) wurden in nahen heiligen Hainen den germanischen Göttern geopfert, die einfachen Legionäre wurden niedergemetzelt oder zu Sklaven.
Einige der Entkommenen konnten sich zum rechtsrheinischen Legionslager Aliso (vermutlich das heutige Haltern) durchschlagen und es gelang ihnen zusammen mit der Stammbesatzung, die anstürmenden Germanen, die alle anderen Lager diesseits des Rheins überrannt hatten, zurückzuschlagen. Wieviele der Schlacht entkommen waren, ist bis heute unbekannt, wahrscheinlich nur wenige hundert.
Alle drei Legionsadler wurden von den Germanen erbeutet und erst Jahre bzw. Jahrzehnte später wieder zurückerobert. Arminius schickte den Kopf des Varus an den Markomannenkönig Marbod, wohl um ihn ebenfalls zum Aufstand gegen die Römer anzustacheln, vielleicht aber auch als Warnung, ihn nicht herauszufordern. Marbod, der sich getreu an den 6 n. Chr. geschlossenen Friedensvertrag hielt, sendete den Kopf weiter nach Rom. Bei dessen Anblick äußerte Princeps Augustus den berühmt gewordenen und von Sueton überlieferten Satz "Quintili Vare, legiones redde!" (Quinctilius Varus, gib die Legionen zurück!).
Augustus war über die vernichtende Niederlage so erzürnt, dass er allen Überlebenden verbot, jemals wieder italischen Boden zu betreten. Manche der entkommenen Angehörigen der drei Legionen kehrten im Jahr 15 n. Chr. mit Nero Claudius Germanicus, einem Sohn des Drusus und neuer Feldherr über die Rheinlegionen, auf das kilometerlange Schlachtfeld zurück, auf dem die Gebeine von tausenden römischen Legionären unbestattet verstreut lagen. Sie berichteten vor Ort über den Verlauf der Geschehnisse, zeigten, wo Varus verwundet wurde und wo er sich in sein Schwert gestürzt hatte.

Mitten im freien Feld lagen die Gebeine zerstreut oder in Haufen, je nachdem die Leute geflohen waren oder Widerstand geleistet hatten. Dabei lagen Bruchstücke von Waffen und Pferdegerippe, zugleich fanden sich an Baumstämme angenagelte Köpfe. In den benachbarten Hainen standen die Altäre der Barbaren, an denen sie die Tribunen und die Centurionen der ersten Rangstufe geschlachtet hatten. Die Leute, die diese Niederlage überlebt hatten und der Schlacht oder der Gefangenschaft entronnen waren, erzählten, hier seien die Legaten gefallen, dort die Adler von den Feinden erbeutet worden; sie zeigten, wo Varus die erste Wunde erhalten, wo er mit seiner unseligen Rechten sich selbst den Todesstoss beigebracht habe; wo Arminius von der Tribüne herunter eine Ansprache gehalten habe, wie viele Galgen für die Gefangenen, was für Martergruben er habe herstellen lassen, wie er die Feldzeichen und Adler übermütig verhöhnt habe. (Tacitus, Annalen I, 61)

Obwohl innerhalb der nächsten 2 Jahre zwei der Legionsadler zurück erobert wurden (einer von den Brukterern, ein weiterer wurde von den Marsern übergeben) und der dritte schließlich im Jahr 41 n. Chr. aus den Händen der aufständischen Chauken befreit werden konnte, wurde keine der drei Legionen je wieder aufgestellt, und die Nummern XVII, XVIII, XIX, die nun den Makel des Unglücks trugen, bis zum Ende des Imperium Romanum nie wieder vergeben.